Bikeweek

Kaum ist nach der Speedweek der Gestank von Benzin aus der Luft verschwunden, halten bereits die nächsten Freunde der motorisierten Fortbewegungsmittel Einzug: Ab der ersten Märzwoche heißt es für 10 Tage die Bike Week zu feiern. Zu dem Motorradspektakel, das sowohl in der Stadt selbst, als auch auf dem Speedway stattfindet, kommen Tausende Biker und noch mehr Besucher. Es ist ein Volksfest für die ganze Familie und auch für Nicht-Motorradfahrer gibt es allerhand zu bestaunen. Tag und Nacht ist das dumpfe Motorengedröhne der Harley Davidsons zu hören, die gut 90 Prozent der Motorräder ausmachen. Jedes Bike ist ein Einzelstück, von seinem Besitzer liebevoll mit chromblitzenden Teilen ergänzt oder phantasievoll in Airbrushtechnik verziert.

Bereits seit 1904 kamen Motorradfahrer nach Daytona, es wurde aber erst 1937 zum eigentlichen Mekka mit dem Daytona 200 Rennen und der ersten Bike Week. Der erste Biker, der sich einen Namen machte, war Glenn H. Curtiss, ein Mechaniker und Erfinder aus New York. Er nahm 1904 am Winter Speed Carnival mit einem Fahrrad teil, an das in der Mitte ein kleiner Motor geschweißt war. Zu aller Überraschung erreichte dieses Gefährt 60 MPH, die erste Meile-pro-Minute, die offiziell für ein Motorrad notiert wurde. Er kam 1907 mit einem größeren und schnelleren Motorrad mit 8-Zylinder-Motor zurück und wurde bei 136 MPH abgestoppt, zu dieser Zeit das schnellste Fahrzeug auf Rädern. Für Piloten interessant: 1908 trat Curtiss in die noch junge Experimental Aircraft Association (EAA) ein, die sich mit dem Bau von Flugzeugen befasste. Im selben Jahr gewann ein Flugzeug der EAA, die "June Bug", angetrieben von einem Curtiss-Motor und gesteuert von Glenn H. Curtiss selbst, die Scientific American Trophy für den ersten Flug über eine Distanz von einem Kilometer. 1909 gewann Curtiss in Reims den Gordon Bennett Cup mit einer Geschwindigkeit von 46,5 MPH. Im selben Jahr wurde das erste Privatflugzeug aus Curtiss' Fertigung verkauft, er war der erste Flugzeugfabrikant. Auch nach seinem Tod im Jahr 1930 blieben Curtiss-Flugzeuge noch lange ein Begriff, wie z. B. die C-46 Commando oder die P-40 Warhawk.

Als 1937 zum erstenmal das Daytona 200 - Rennen am Strand stattfand, wurde Daytona Beach jedoch richtig zum Mekka der Biker. Die ersten Bike Week-Teilnehmer waren die Rennfahrer selbst. Sie trugen lederne Kleidung und lederverkleidete Sturzhelme aus Kapok, einer Faser aus den Haaren aus dem Inneren der Kapselfrucht des Kapokbaumes, sie wurden Teapot genannt. Die Rennen wurden bis 1959 auf dem Strand und auf der A1A abgehalten. Der 4,1 Meilen-Kurs verlief nahe vom Ponce Leon Inlet Leuchtturm nach Süden zu. Es gab keine Zäune zwischen der Rennstrecke und den Zuschauern und die Rennfahrer mussten manchmal richtig um die Zuschauer herumfahren.

Durch die zunehmende Bebauung und Entwicklung der Strandzone mussten die Rennen schließlich vom Strand weg auf den neu errichteten Daytona International Speedway verlegt werden. Die ersten Biker werkelten am Vormittag an ihren Maschinen, fuhren am Nachmittag Rennen und machten am Abend die Main Street zur einzigen Party, die Mardi-Gras-Atmosphäre zog bald auch Nichtbiker an. Seit den frühen 60ern nahmen die Teilnehmer so sehr zu, dass die vorhandenen Motels nicht ausreichten und immer mehr Einwohner die Biker in ihre privaten Häuser aufnahmen. Auch heute noch sind während dieser Zeit alle Hotelzimmer ausgebucht und das zum vierfachen Preis.

Von den dreißiger Jahren bis zu den Fünfzigern galt Motorradfahren zwar als ein waghalsiger Sport, aber sein Renommee war nicht schlecht. Kurz nach dem 2. Weltkrieg wurde die erste Outlaw-Motorradgang, die Hells Angels gegründet. 1954 charakterisierte der Marlon Brando Film "The Wild One" das wilde Biker-Image für die nächsten drei Jahrzehnte. Dieses Bild war katastrophal für das Ansehen des Motorradfahrens und der Biker und erreichte seinen Höhepunkt in den 60ern durch Filme wie "Wild Angels" mit Peter Fonda und Nancy Sinatra oder „Easy Rider“ mit Peter Fonda und Jack Nicholson. Heute verblasst dieses negative Bild langsam, die Leute realisieren, dass nicht alle Motorradgruppen Outlaw-Gangs sind. In den achtziger Jahren überwachte die Polizei verstärkt die wichtigsten Motorradgangs und nahm Dutzende von Mitgliedern fest. Prominente wie der Milliardär Malcolm Forbes und der Komiker Jay Leno besserten das Image auf.

Seit den achtziger Jahren drängen sich die Massen der Möchtegern-Biker in Daytona zur Bike Week, es kommen 400.000 bis 500.000 Besucher aller Herren Länder. Main Street und die anderen Straßen zum Strand sind ein einziger Stau. Die Kaufleute sagen, dass die Bike Week-Besucher mehr Geld ausgeben als alle anderen Touristen im Ort. Sie fragen nie nach dem Preis, das Geld sitzt locker in dieser Woche. Der durchschnittliche US-Biker lässt sich den Event gut 2.000 USD kosten. Ca. 200.000 Gallonen Bier laufen jedes Jahr die Kehlen runter. Da haben die netten Bedienungen (meist sehr leichtbekleidete junge, hübsche Mädels - eine Augenweide für jeden Mann) doch schon allerhand zu tun. So sind die bekanntesten Saloons, wie z.B. der Boot Hill Saloon, Froggy´s Saloon, Jackson Hole Saloon und natürlich auch all die anderen ungenannten Kneipen und Bars stets überfüllt, die ganze Stadt ist eine einzige Party.

Interessant sind die Neuvorstellungen von Produkten der Motorradfirmen, Custombike-Ausstellungen und all die Bike-Wettbewerbe mit Preisverleihung für diverse Kategorien. Mädels in knappen Shorts und Bikinioberteil bieten sich zum Waschen der Motorräder an. Florida hat übrigens ein recht originelles Gesetz zum Tragen eines Schutzhelms. Der Helm ist grundsätzlich vorgeschrieben, wenn man aber mindestens 21 Jahre alt ist und eine Krankenversicherung nachweist, die mindestens 10.000 USD an Kosten trägt, die durch Motorradunfälle entstehen, dann kann der Helm zu Hause bleiben. Eine Schutzbrille ist dagegen immer Pflicht. Auch abends und nachts wird den Besuchern noch so allerhand geboten. Fast in jedem Hotel finden Wettbewerbe zur Miss Bikini oder der Wet-T-Shirt-Contest statt.

Den Abschluss bildet die große Parade am letzten Sonntag, für den sich jeder in seine beste Lederkluft begibt. Die Aufstellung ist von 8.30 - 9.30 Uhr an der Belair Plaza und geht über die Atlantic Avenue und Main Street zum Daytona International Speedway. Bei den Frauen gehört der Leder-BH ebenso zum Outfit wie die Lederchaps über dem Tanga. Wer noch kein Tattoo am Körper trägt kann sich in den vielen schnell aufgebauten Salons verzieren lassen. Doch sind die Veranstaltungen nicht nur in der Stadt selbst. Auch außerhalb gibt es mehrere Camps, an denen Lifemusik, Essen und Trinken geboten werden.